Projekt Berufseinstieg
Der Abschluss deines Translationsstudiums ist in Sicht, und du weißt noch nicht, wie es weitergehen soll? Du wagst nicht den Schritt in die Selbstständigkeit, findest aber nicht den passenden Angestelltenjob? Oder bekommst du ununterbrochen Absagen auf deine Bewerbungen?
Ich habe mich entschlossen, diesen Blogbeitrag zum Thema Berufseinstieg zu verfassen, weil ich vor ziemlich genau zwei Jahren in der gleichen Situation war. In diesem Beitrag möchte ich meine Erfahrungen mit all jenen teilen, die in den gleichen Schuhen stecken, und damit den einen oder anderen Tipp mitgeben, der mir zu meiner heutigen Stelle als angestellte Projektmanagerin und Übersetzerin verholfen hat.
Was möchte ich genau?
Nach dem Studienabschluss alles einfach “auf sich zukommen lassen” ist sicherlich keine gute Idee. Du solltest zumindest in der Frage eine Entscheidung treffen, ob du den anfangs schwierigeren aber viel Freiheit versprechenden Weg der Selbstständigkeit einschlagen möchtest, oder am Anfang lieber die Sicherheit (und damit einhergehende Abhängigkeit) des Angestelltenverhältnisses bevorzugst, oder vielleicht sogar beides in einer vernünftigen Kombination. Am besten überlegst du dir dies nicht, wenn du schon dein Diplom in der Hand hast, sondern einige Monate bis ein Jahr im Voraus, um rechtzeitig Vorbereitungsmaßnahmen treffen zu können, und um keine Zeit zu verlieren. Auch kannst du dir über deine konkrete Wunschtätigkeit Gedanken machen. Die Selbstständigkeit bietet hier mehr Gestaltungsfreiraum – bei Angestelltenjobs ist oft Flexibilität hinsichtlich der Tätigkeit gefordert.
Ich persönlich habe mir bereits kurz vor dem Studienabschluss vorgenommen, eine Stelle als angestellte Translatorin zu suchen. Diesen Entschluss fasste ich, weil ich damals und immer noch der Meinung war und bin, dass man im Rahmen einer unselbstständigen Tätigkeit viel schneller von anderen lernt, was man sich sonst in der Selbstständigkeit mühevoll selbst beibringen müsste. Ich sehnte mich nach einem geregelten Lebensrhythmus und nicht zuletzt einem sicheren Einkommen. Ich wusste aus Erzählungen, dass es im Bereich der Translation in Österreich nur ganz wenige angestellten Positionen gibt. Dies habe ich sehr schnell auch selbst erfahren müssen. Daher habe ich mein Wunschtätigkeitsfeld vom reinen Übersetzen und Dolmetschen auf das Translationsmanagement ausgeweitet, zumal ich in der ersten Zeit nur solche Angestelltenposten in Verbindung mit Translation auf den Jobportalen gefunden habe, und mir auch das Organisieren, Kommunizieren, Korrekturlesen sowie die Kundenbetreuung schon immer viel Spaß gemacht haben. Mein Ziel war von Anfang an eine Vollzeitbeschäftigung, doch auch zu einer attraktiven Teilzeitbeschäftigung hätte ich nicht Nein gesagt, da ich einige Erfolgsstorys über die Kombination der beiden Tätigkeiten gehört hatte.
Achtung, fertig, bewerben!
Wenn du ein klares Ziel vor Augen hast, kann es losgehen! Solltest du nach Überlegung aller Pros und Contras zur Einsicht gekommen sein, dass das Angestelltenleben nichts für dich ist, und solltest du lieber dein eigener Chef sein wollen, rate ich dir, die Tipps für den selbstständigen Berufseinstieg von Dagmar Jenner durchzulesen. Solltest du das Angestelltendasein anstreben, so kann es nun mit der Bewerbung losgehen! Du wirst viel suchen, und verhältnismäßig wenig finden. Solltest du Englisch als Muttersprache oder zumindest aktive Arbeitssprache beherrschen, so wird sich die Suche vermutlich um Einiges verkürzen. Sie wird aber vielleicht sogar mehrere Monate lang dauern. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, am Ball zu bleiben und nicht aufzugeben. Wer sucht, der findet! Bewirb dich nicht für alles quer durch die Bank, sondern nur dafür, was wirklich deinen Vorstellungen entspricht. Lass dich nicht von deiner Vision abbringen! Bewirb dich nicht nur, wenn dein Kompetenzprofil zu 100 % den Anforderungen in der Stellenausschreibung entspricht. ArbeitgeberInnen rechnen meistens nicht damit, dass all ihre Anforderungen auch tatsächlich erfüllt werden. Suche auf Karriereseiten, auf Social Media, in Foren von Berufsverbänden und sende Initiativbewerbungen an Firmen, die dir interessant erscheinen. Erzähle deinen Freunden und Bekannten, dass du auf der Suche bist. Bitte auch sie darum, die Augen und Ohren offen zu halten. Bitte erfahrene KollegInnen oder eventuell Lehrende um Rat – vielleicht kennen diese jemanden, der oder die gerade eine Stelle im Translationsbereich zu vergeben hat. Netzwerken und Kontakte könnten sich hier als äußerst nützlich erweisen.
Ich persönlich habe mit der Suche einige Monate vor dem Studienabschluss begonnen. Da ich neben dem Studium immer nebenbei gearbeitet habe, hatte ich keinen Zeitdruck, und habe die Zeit der Jobsuche mithilfe einer Teilzeitbeschäftigung und im Anschluss durch kleinere Übersetzungs- und Dolmetschaufträge überbrückt. Ich suchte auf allen infrage kommenden Kanälen, und prüfte jeden Tag die Karriereseiten, relevante Gruppen auf Social Media, und das Forum der UNIVERSITAS Austria, ob nicht vielleicht eine neue Stellenausschreibung veröffentlicht wurde. Als Jungmitglied bzw. Jungmitgliedervertreterin bei der UNIVERSITAS Austria habe ich bei den unterschiedlichen Netzwerkveranstaltungen viele erfahrene TranslatorInnen kennengelernt, die ich auch ganz offen nach offenen Stellen in ihrem Bekanntenkreis fragte. Daher würde ich eine Jungmitgliedschaft bei unserem Verband und eine aktive Teilnahme an den angebotenen Veranstaltungen dringend empfehlen. Auf diese Weise stieß ich ungefähr alle zwei bis drei Wochen auf Stellen, die mit meinen Vorstellungen übereinstimmten. Ich versendete neben diesen Bewerbungen auch regelmäßig Initiativbewerbungen. Das Stelleninserat für meine aktuelle Beschäftigung als Projektmanagerin und Übersetzerin bei einem Wiener Übersetzungsbüro fand ich im Mitgliederbereich (Forum) der UNIVERSITAS Austria.
Was kann ich und wie viel bin ich wert?
Spätestens wenn die ersten positiven Rückmeldungen bzw. Bewerbungsgesprächseinladungen von potenziellen ArbeitgeberInnen in deinem Postfach eintreffen, musst du dir Gedanken über deine Lohnforderungen machen. Der größte Fehler, den du hier machen kannst, ist, ohne eine klare Gehaltsvorstellung und Verhandlungsstrategie beim Vorstellungsgespräch zu erscheinen, und dich folglich unter Wert zu verkaufen. Niedrige Löhne hinzunehmen zerstört den Markt und kommt auch bei ArbeitgeberInnen nicht gut an. Denn wer sich als Bittsteller beim Bewerbungsgespräch präsentiert, vermittelt kein besonders souveränes Bild von sich. Außerdem schlagen sich Abstriche beim Lohn in niedrigerem Engagement nieder, und das wissen auch ArbeitgeberInnen. Noch dazu ist der Einstiegslohn die Grundlage für die spätere Karriere, und wenn dieser zu niedrig ist, drückt er oft seinen Stempel auf den weiteren Karrierefortschritt. Bereite dich daher gründlich auf die Gehaltsverhandlung vor und erkundige dich nach den branchenüblichen Gehältern. Überlege dir vorab eine Schmerzgrenze, unter welcher du keine Lohnangebote mehr annimmst. Auch wenn du schon mehrere Absagen hinter dir hast oder als BerufsanfängerIn über keine einschlägige Erfahrung verfügst, solltest du bei der Gehaltsverhandlung selbstbewusst zu deinem vorab überlegten Wert stehen und klar machen, dass deine Arbeit den geforderten Lohn auch wert ist.
Die Suche nach einem Vollzeitjob hat bei mir persönlich über ein halbes Jahr lang gedauert. In dieser Zeit war ich bei drei Vorstellungsgesprächen, alle drei Stellen waren dem Bereich des Translations-Projektmanagements zuzuordnen. Da in diesem Bereich trotz der Komplexität der Aufgaben in Österreich leider immer wieder zu niedrige Löhne angeboten werden, kam ich in den ersten beiden Vorstellungsgesprächen auf keinen grünen Zweig mit den Recruiterinnen und Recruitern. Und das aufgrund meiner zu „hohen“ Lohnvorstellungen, die ich passend zu meiner Qualifikation und zu meiner einschlägigen Berufserfahrung während meiner Studienjahre vorab kalkuliert hatte. So attraktiv die beiden Jobs auch gewesen wären und so gern ich sofort als Projektmanagerin angefangen hätte, konnte ich kein Angebot unter meiner „Schmerzgrenze“ akzeptieren, und habe so zwei Absagen kassiert. Mit jedem Vorstellungsgespräch perfektionierte ich jedoch meine Gehaltsargumentation, was mir beim dritten Mal schließlich Erfolg brachte, und mich zu meiner heutigen Position als Projektmanagerin und Übersetzerin sowie langfristiger Berufszufriedenheit führte.
Sich regen bringt Segen
Hartnäckigkeit, Kontakte und eine gute Verhandlungsstrategie werden früher oder später von Erfolg gekrönt, es dauert aber eben alles seine Zeit. Frühzeitige Vorbereitung und Planung sind enorm wichtig, damit man nicht finanziell bedingt unter Zeitdruck kommt und sich aus der Not heraus mit weniger guten Positionen zufriedengibt. Auch hier gilt also: Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Beratungs- und Austauschmöglichkeiten
Solltest du noch offene Fragen haben, so kannst du dich jederzeit an die UNIVERSITAS Austria wenden. Auf der Webseite bzw. Facebook-Seite des Verbandes, durch das Maria-Verber-Mentoringprogramm, oder durch einen persönlichen Besuch im UNIVERSITAS-Sekretariat während unserer Öffnungszeiten kannst du wertvolle Informationen rund um den Berufseinstieg sammeln. Nicht zuletzt ist, wie oben schon erwähnt, eine Jungmitgliedschaft bei unserem Verband in jedem Fall empfehlenswert. Diese bietet eine hervorragende Plattform, dich mit gleichgesinnten BerufseinsteigerInnen oder mit erfahrenen KollegInnen regelmäßig auszutauschen.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Arbeitssuche!
von Beatrix Tóth